Zwischen Westen und Walachei


Gehört Rumänien in die Europäische Union? Die boomenden Städte ja, das weite Land dahinter erst in Jahrzehnten

Von Christian Tenbrock

Wer will, kann die Stadt Hunedoara als Beweis aller negativen Urteile über Rumänien nutzen. Am Morgen, in dem kleinen Gasthof im nahe gelegenen Simeria, hatte der Wirt von dem lokalen Mafioso berichtet, der ihn um 20000 Euro Schutzgeld erleichtern wollte; auf der Fahrt versperren Pferdekarren immer wieder den Weg. In Calan, nur zehn Kilometer vor Hunedoara, stehen verfallende Plattenbauten gegenüber dem ausgeweideten Gerippe einer riesigen, lange aufgegebenen Industrieanlage.
Dann Hunedoara selbst. Die Stadt ist düster, so düster wie die allesüberragende Burg, deren Mauern dunkel geworden sind vom Ruß, derjahrzehntelang aus den Schornsteinen des im Tal liegenden Stahlwerksdrängte. Das Stahlwerk gab einmal 35.000 Menschen Arbeit, jetzt sind esnoch 1200. Fast jeder Fünfte in der Stadt sei arbeitslos, sagt IsfanPetru.
Petru, grünes T-Shirt, schmale Lederweste, ist Unternehmer, gerade eben hat er über sein altes Tischtelefon wieder einen Auftrag aus Deutschland bekommen. »Motorradanzüge, 300 Stück.« Für 150 bis 200 Euro brutto im Monat schneidern auf den Stockwerken über Petrus Büro 100 Näherinnen Kleidung zusammen, fast alles geht in den Export. Die engen und schlecht belüfteten Räume sehen aus wie Fabrikhallen in Deutschland kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.
Von Stundenlöhnen, die teilweise kaum über einem Euro liegen, profitiert in Hunedoara auch die Firma Dräxlmaier. Rumänien, das weitaus ärmer ist als der ärmste EU-Staat Lettland, ist für den bayerischen Autozulieferer inzwischen drei- bis viermal billiger als etwa Tschechien oder Ungarn. 2007 oder 2008 soll auch Rumänien Teil der Europäischen Union werden.
Wenn Isfan Petru über die EU redet, schwingt Sarkasmus mit. Früher sei Hunedoara eine reiche Stadt gewesen, heute sei sie arm. Früher habe in Rumänien Diktatur geherrscht, heute regierten der Markt, das Geld und die Korruption. »Hilfe durch die EU?« Diegibt es, jetzt schon, auch in Hunedoara. Eigentlich. Tatsächlich, sagt Petru, gehe viel Geld nicht in Klärwerke oder die Stadtsanierung. Tatsächlich ende es in den Taschen der Reichen und der Mächtigen.
Hunedoara ist nicht Rumänien. Aber es bietet Anlass für die Frage: Ist Rumänien reif für die EU?

Nein, antwortet der Mann im feinen Zwirn. Das Gespräch mit ihm findet in einem der besten Restaurants der Hauptstadt Bukarest statt, das Essen kostet so viel wie ein rumänischer Wochenlohn, und der Mann, ein ehemaliger Minister, will mit dieser Aussage nicht in der Zeitung stehen. Aber er bleibt dabei: »Reif sind wir noch nicht.«

Dabei hat Rumänien, das weiß auch der Exminister, den Zahlen nach gerade fünf Jahre hinter sich, die zu den besten seiner Geschichte zählen. Seit 2000 liegt die Wachstumsrate über fünf Prozent, 2004 waren es sogar 8,3 Prozent. Die landesweite Arbeitslosenquote ist mit offiziell 6,8 Prozent niedrig, die Inflationsrate von über 60 auf unter zehn Prozent gefallen. Die Investitionenaus dem Ausland sprudeln und haben sich im vergangenen Jahr auf 4,1 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Einzelne Städte – Timisoara, Cluj, Sibiu – boomen so sehr, dass in ihnen die Arbeitskräfte knapp werden und die Menschen tagsüber so vielGeld verdienen, dass sie es abends auch in Clubs und Restaurants ausgeben können. Auf den Straßen von Bukarest fahren heute zweimal mehr Autos als Ende der neunziger Jahre. Unter ihnen rollt der neue Dacia, den Renault aus seiner rumänischen Produktionsstätte in die ganze Welt verkaufen will – auch nach Westeuropa.

Nur, sagt der ehemalige Minister, bedeute das alles einzig und allein, dass »Rumänien auf einem guten Weg ist, aber noch nicht weit genug«. Erst zur Jahreswende 2002/03 erreichte die Wirtschaftsleistung des Landes wieder die von 1989, dem Jahr der Revolution und der Wende. Die Neunziger waren ein weitgehend verlorenes Jahrzehnt, an dessen Ende fast der Staatsbankrott stand. In ihnen, sagt der Minister, sei vieles zu spät, zu langsam oder gar nicht angegangen worden: strukturelle Reformen, der Umbau und die Modernisierung der Wirtschaft und der staatlichen Institutionen. All das also, was ein Land braucht, um in Westeuropa wirklich anzukommen.

40 Prozent der Menschen in Rumänien leben von der Landwirtschaft, erwirtschaften aber nur etwa 13 Prozent des Inlandsprodukts. 2,4 Millionen Rumänen gelten als extrem arm. Nur zwei von zehn Dorfbewohnern haben fließend Wasser im Haus, nur 113 Kilometerdes Straßennetzes bestehen aus Autobahnen. Beim Staat und in seinen Behörden mangelt es unterdessen an Vision, Innovation und guten Leuten. Rumänien werde deshalb auch in naher Zukunft viele Regeln der EU »nicht voll umsetzen können«, sagt Andre Stoiciu, ein Regierungsberater aus Bukarest.

Trotzdem hat die Union den Rumänen im April den Beitritt bis 2007 oder spätestens 2008 in Aussicht gestellt. In nur zwei bisdrei Jahren soll also behoben werden, was noch im Argen liegt – mit der EU als strengem Zuchtmeister.

Geht das? Die allermeisten Rumänen wollen es. »Europa« sei eines der beiden Wörter, mit dem jeder Bürger seines Landes derzeit morgens wach werde, lächelt der Bukarester Politologe Radu Carp. Das andere? – »Korruption.« Korruption sei »eine der Hauptgefahren für die nationale Sicherheit« Rumäniens, sagt der konservative Staatspräsident Traian Basescu. Über sie berichten die Zeitungen täglich, bei ihr mischen alle mit. Auf dem Index der Korruptionsbekämpfer von Transparency International liegt Rumänien auf Rang 87, gleichauf mit der Dominikanischen Republik.

Kann ein solches Land in die EU?

Nach dem dritten Glas guten rumänischen Weins imKellergewölbe des Gasthofs in einer mittelalterlichen Stadt inSiebenbürgen erzählt der Manager, wie es wirklich war. Ende derNeunziger war er in die Stadt gekommen, hatte für seine Firma nacheiner Fabrik Ausschau gehalten. Das Objekt war schnell gefunden, dieVerhandlungen zogen sich hin. Am Ende waren sie erfolgreich. Geholfenhatten 100.000 Mark, unter dem Tisch.

So ging das damals, und so geht es heute noch. So geht es bei denKleinen, den Polizisten, Lehrern oder Richtern, und so geht es bei denGroßen: Vor allem im Osten und in der südlichen Walachei, sagt SoranaParvulescu von der Bürgerrechtsgruppe SAR in Bukarest, werde Rumänienvon »oligarchischen Eliten und Lokalbaronen« regiert, die imvergangenen Jahrzehnt ihren Zugang zu Information und Ressourcen desStaates in Geld und Einfluss verwandelten. Aus Mitgliedern dereinstigen kommunistischen Nomenklatura wurden Parteibonzen undWirtschaftsführer. Er habe 10.000 Jobs geschaffen, er habe Gesetzegemacht, und er habe die (nordostrumänische) Moldauregion beherrscht,soll der Ölmagnat Corneliu Iacobov gesagt haben, nachdem er Anfang desJahres wegen Unterschlagung und Steuerhinterziehung vorübergehendfestgenommen wurde. Iacobov stand nicht nur als Unternehmer ganz oben.Lange Jahre war er auch ein führender Kopf der bis Ende 2004regierenden sozialistischen PSD.

Nicht alle, die in Rumänien heute reich sind, wurden dies durch Korruption. Dem früheren Boris-Becker-Berater Ion Tiriac, miteinem geschätzten Vermögen von 650 Millionen Dollar die Nummer zwei unter den Reichsten des Landes, wird nachgesagt, dass er sein Firmenimperium mit Cleverness, nicht mit Betrug aufbaute. Anders ist das angeblich bei vielen jener Unternehmer, die ihr Geldim Energiesektor oder im Bauwesen scheffelten. Anders ist es auch bei einer großen Zahl von Politikern. Typisch ist der Fall des inzwischen geschassten Bürgermeisters der ostrumänischen Stadt Bacau, der städtische Bauprojekte mit Firmen abwickelte, die seiner Familie gehörten – und sich zusätzlich auf die Unterstützung eines Staatssekretärs im Bukarester Transportministeriumverlassen konnte. Der war sein Bruder.

Zwischen einem Viertel und der Hälfte der Wirtschaftstätigkeit – die Schätzungen variieren – spielt sich im Untergrund ab. Bis zu 40 Prozent aller Firmen zahlen keine Steuern. Eine Million Menschen werden angeblich illegal beschäftigt, Hunderttausende arbeiten zum Mindestlohn und erhalten zusätzliches Geld aus schwarzen Kassen. Die von der Friedrich-Ebert-Stiftung inBukarest konstatierte »Kultur der Korruption« herrscht fast überall.

Hinter ihr verschwinden die guten Zeichen, die es auch gibt. Schon im Jahr 2004 flatterte 550 Rumänen eine Klage wegen Korruption und Betrug ins Haus, darunter neun ehemaligen Regierungsmitgliedern, drei Richtern und acht Bürgermeistern. 40 Polizeigeneräle wurden vom Dienst suspendiert. Das Gesetz, das Parlamentarier zur Offenlegung ihrer Vermögensverhältnisse zwingt, ist so umfassend wie fast nirgendwo in Europa. 42000 Unternehmen, die angeblich Steuern hinterzogen haben, wurden die Konten gesperrt. Seit der erklärte Kämpfer gegen die Korruption, Traian Basescu, Ende 2004 die Macht von dem Sozialisten Adrian Nastase übernahm, habe sich die Atmosphäre verändert, sagt Adrian Savin, Rechtsexperte bei der rumänischen Sektion von Transparency International. Bestechung werde nicht mehr einfach hingenommen, das Land sei »kein schwarzes Loch mehr«, meint auch ein intimer Kenner Rumäniensin der EU-Vertretung in Bukarest.

Aber die alten Seilschaften sind mächtig. Wiederholt scheiterte die Antikorruptionsbehörde in den vergangenen Monaten damit,gegen verdächtige Wirtschaftsführer so viele Beweise zusammenzutragen, dass es für mehr reichte als nur eine vorübergehende Verhaftung. Dazu kommt Chaos in der Politik. Mitte Juli warf nach nur sechs Monaten im Amt der von Basescu eingesetzte Premierminister Calin Popescu-Tariceanu das Handtuch. Eine Woche später trat er vom Rücktritt wieder zurück. Erst sollte es Neuwahlen im September geben, jetzt will der Premier durchregieren.

In Bukarest heißt es, dass für den Stimmungswandel des Rumänen auch EU-Beitrittskommissar Olli Rehn verantwortlich war. Der habe Tariceanu in einem Gespräch in Brüssel bedeutet, er sei nicht an Neuwahlen interessiert, sondern an Reformen. Ohne Erfolge im Kampf gegen die Korruption, so die Direktive der EU, kein Beitritt 2007.

Die Unternehmer würde das nicht scheren, sagt Dirk Rütze, sie würden trotzdem investieren. Rütze, Chef der Deutsch-Rumänischen Handelskammer in Bukarest, ist ein Freund klarer Worte und ein Freund Rumäniens. Was die Korruption angeht: Habe da nicht auch Deutschland eine »ausgeprägte Tradition«? Müsse man nicht fair bleiben? Und überhaupt: Sei die große Chance, die Rumänien biete, nicht viel bedeutender?

Die Chance, das sind der Markt und die Kosten. »Polen ist bei den Löhnen schon teurer, die Slowakei ist es auch«, sagt Rütze.Dann schiebt er eine schmale Broschüre über den Tisch, in der steht, dass 2004 von den 26 Milliarden Euro Gesamteinfuhren Rumäniens zwei Drittel aus den Staaten der EU kamen. Deutschland stand bei den Exporteuren hinter Italien an zweiter Stelle. Außerdemhat Rumänien knapp 22 Millionen Einwohner. Unter den Neuen in der EU leben nur in Polen mehr Menschen – und viele Menschen heißt viele potenzielle Kunden.

Bisher, sagt Rütze, seien die deutschen Investitionen in Rumänien »einFliegenschiss« gewesen. Seit 1990 haben die Deutschen etwa eineMilliarde investiert. Aber schon dieses Geld hat einiges in Bewegunggesetzt. Erst kamen die Lohnveredler, die wie Loden-Frey aus MünchenHemden oder Anzüge schneidern ließen. Dann die Händler und Produzenten,darunter Continental, das in Timisoara die modernste ReifenfabrikEuropas baute. 40.000 Rumänen werden inzwischen von deutschenAutozulieferern beschäftigt. Und jetzt rollt die dritte Welle an:kapitalintensive Produktion, Wissensarbeit. In Shanghai koste einIngenieur doppelt so viel wie in Rumänien, sagt Rütze.

Aber für rumänische Verhältnisse verdient dieser Ingenieur recht gut, genauso wie eine der Arbeiterinnen, die für das Remscheider Unternehmen Parat in der Kleinstadt Sighisoara Airbags und Werkzeugkoffer zusammenbauen und dafür im Durchschnitt mehr als250 Euro brutto im Monat nach Hause bringen. Eine derart arbeitsintensive Produktion, sagt Geschäftsführer Harald Gitschner beimGang durch die blitzsaubere Fabrik, sei in Deutschland gar nicht mehr möglich; die Kofferfertigung wurde jüngst aus Tschechienverlagert, »weil auch die mittlerweile zu teuer sind«. Rumäniens Wettbewerber um Fabriken und Arbeitsplätze sei weniger Osteuropa als China, meint auch Istvan Leitner, Leiter einer Tochter des Elektronikherstellers Zollner im nordrumänischen Satu Mare. »Und ist es nicht besser, die Europäer investieren in Europa als in Fernost?«

Sie helfen den Rumänen jedenfalls voranzukommen. Dem Land fehlt es an Kapital und Unternehmern. Dagegen hätten in Satu Mare Auslandsfirmen für zehn Jobs, die nach der Wende verloren gingen, sieben neue geschaffen, schätzt Josef Hölczli, der Direktor einer Stiftung für Rumäniendeutsche. In Timisoara sorgen rund 5000 Unternehmen aus dem Ausland für Vollbeschäftigung. Und Sibiu, das mit seinem deutschstämmigen Bürgermeister Klaus Johannis zum Inbegriff von Sauberkeit und Ordnung in Rumänien wurde, ist durch10000 neue Jobs allein seit dem Jahr 2000 so reich geworden, dass es seine mittelalterliche City von Grund auf renovieren kannund 2007 Europas Kulturhauptstadt sein wird.

Investitionen aus dem Ausland können langfristig auch dazu beitragen, die Rumänen im eigenen Land zu halten. Derzeit leben und arbeiten etwa zwei Millionen in Westeuropa. Die Rumänen zieht es dabei nicht nur als Fleischer nach Deutschland, öfter arbeiten sie auf Feldern und in Privathaushalten in Spanien und Italien. Jährlich bringen die Arbeitsmigranten zwischen vier und siebenMilliarden Euro zurück nach Hause. In Certeze nahe Satu Mare säumen auf zwei, drei Kilometern nagelneue Einfamilienhäuser die Straße – finanziert mit Geld, das im Ausland verdient wurde.

Zusammen mit dem Lohn aus der Schwarzarbeit erklärt dieses Geld auch, warum in Rumänien statistisch für jeden Euro, der verdient wird, zwei Euro konsumiert werden können. Davon wiederum profitieren Metro, Praktiker oder Selgros, deren Märkte an den Ausfallstraßen jeder größeren Stadt stehen. Allein Metro ist 21mal vertreten und machte im vergangenen Jahr über eine Milliarde EuroUmsatz. In diesem Sommer will sich auch der Handelskonzern Plus in Rumänien ausbreiten. An der Wand in Uwe Klostermanns Büro hängt eine Landeskarte, auf der die künftigen Standorte verzeichnet sind. »In Rumänien wird über die Hälfte des Lohns für Lebensmittel ausgegeben«, sagt der Plus-Mann. »In Deutschland ist es nur ein Viertel.«

Chancen für die Ausländer also, die gleichzeitig auch Rumänien nützen. Den Inseln des rasanten Fortschritts stehen freilich die weiten Öden der Armut gegenüber. Während die wachsende Mittelklasse in Bukarest oder Sibiu neue Dacias oder gebrauchte BMWs kauft, sind bei Hunedoara oder Bacau Hunderttausende auf Pferdekarren unterwegs. In seiner klaren Art bringt es Dirk Rütze auf den Punkt. »Zwei Prozent der rumänischen Bevölkerung leben so, wie auch die Deutschen heute leben«, sagt er. »20 Prozent sind aufdem Stand der Deutschen von 1965, die Hälfte steht da, wo wir 1955 waren. Der Rest lebt im Jahr 1880.«

Also noch einmal: Ist Rumänien reif für die EU?

Europa, das sei der neue, gute König für sein Land, sagt Adrian Severin. Der ehemalige Außenminister sitzt in seinem Büro unter den Cartoon-Zeichnungen früherer rumänischer »Könige«, darunter seine Parteifreunde Nastase und Ion Iliescu.Dieser »König Europa«, meint Severin, habe Rumänien Disziplin gebracht, einen legalen Rahmen geliefert, dazu den Anstoß gegeben, aus einer autoritären eine aufgeklärtere Gesellschaft zu machen. In einfacheren Worten hört man Ähnliches immer wieder: »Europa gibt uns die Sicherheit, dass wir frei sein können«, sagt Stefan Varfalvi, der Chef des Arbeitgeberverbandes Ugir. »Europa gibt den Menschen Vertrauen in die Zukunft und mehr Selbstbewusstsein«, sagt der deutsche Manager Harald Gitschner.

Im Herbst wird die EU-Kommission in einem weiteren Bericht beurteilen, wie weit Rumänien auf dem Weg nach Europa gekommen ist. Eines ist dabei jetzt schon sicher: Ohne die Aussicht, Mitglied im europäischen Club zu werden, wäre das Land noch weiter zurück. Ohne die Chance zum Beitritt würde es noch weniger tun. Wie die anderen Länder Osteuropas zuvor benötigt auch Rumänien Brüssel und seine Werte und Regeln für den Wandel.

Dabei gehe es, sagt der Rumänien-Kenner in der Bukarester EU-Vertretung, »nicht um Perfektion. Es geht darum, Minimalanforderungen zu erfüllen, die für Wettbewerb, Wachstum und die Einhaltung europäischer Vorschriften nötig sind.« Mit anderen Worten spielt es keine Rolle, dass Rumäniens Durchschnittslöhne derzeit zehnmal niedriger sind als die in Deutschland oder dass sechs derzehn ärmsten Regionen in einem künftigen Europa der 27 in seinen Landesgrenzen liegen würden. Es geht nur darum, dass dies einmal anders werden könnte.

Polen verzeichnete 1991 ein Pro-Kopf-Einkommen von 2000 Euro, heute ist es etwa fünfmal so hoch. Wächst Lettland so weiter wie bisher, werden seine Menschen im Jahr 2032 im Durchschnitt mehr Geld zur Verfügung haben als die Deutschen. Warum soll es in Rumänien anders gehen?